Inhalte
  Kommen Ihnen diese Situationen vertraut vor?
  Neue Perspektiven: vom 2-Takt- zum neuen Elektro-Motor
  Die elektroSchirme sind um die Ecke…
  Die elektroSchirme: Fakten und Zahlen
  Die Zukunft der Elektro-Motoren
  Elektroschirme und Elektrodelta: wozu sind sie gut?
  Regeln für das Zusammenleben
  Rechtliche Situation in der Schweiz
  Wirtschaftliche Aspekte
  Nachwuchsförderung der Deltapiloten
  Förderung der Zulassung in der Schweiz? Die Umfrage…
  Fazit
  Weiterführende Website
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Der elektroSchirm und elektroDelta: Chancen und Möglichkeiten auch für die Schweiz?
Elektro-Motoren sind umweltfreundlich und produzieren nur ein angenehmes Geräusch. Sind sie eine neue - für Piloten und für die Politik - akzeptable, sogar erwünschte Alternative, um die Höhe der Aufwinde ohne Auto oder ohne Bahn zu erreichen? Voraussichtlich wird man im Jahr 2008 die ersten Serien-Elektro-Schirme kaufen können: in der Schweiz sind sie aber verboten. Kommt eine Änderung der Gesetze in Frage? Wie stehen die Hängegleiter-Piloten zu diesem Thema? Glider berichtet über den aktuellen Stand der Dinge und mögliche Weiterentwicklungen…
Es hatte tagelang geregnet und gewindet, aber zum Glück ging das schlechte Wetter vorbei. Die Kaltfront hatte vor 2 Tagen die Schweiz verlassen und die Reg-Therm versprach optimale Flugbedingungen. Am Startplatz befanden sich die bekannten Gesichter von Freunden und Piloten. Zwar wiesen die zahlreichen Cumulus-Wolken darauf hin, dass die Luft am Brodeln war, aber der Windsack richtete seine Spitze gegen den Landeplatz. Die wenigsten versuchten trotz Abwind zu starten, die Mehrzahl brach ab und andere mussten frühzeitig nach dem Take off landen, um die Gefahr des näher kommenden Waldes zu meiden. Wer noch Zeit und Lust hatte, versuchte das Glück am nächsten Berg. Die anderen verzichteten und kehrten nach Hause zurück… (Sunnenberg über Matzendorf, Frühling 2006)
 
Kommen Ihnen diese Situationen vertraut vor?

Diese und ähnliche Erlebnisse gehören fast zum Alltag jedes Piloten und jeder Pilotin. Noch einige Anekdoten dazu:

  • Der Himmel ist bewölkt, die Wetterprognose verspricht keine eindeutige Verbesserung. Nach ein paar Stunden in Stand by entscheide ich mich für einen Gleitflug. Als ich lande, zeigen sich die ersten Aufhellungen. Eine halbe Stunde später überhöhen die Piloten den Startplatz. Am Landeplatz denke ich - „warum habe ich bloss nicht noch eine weitere halbe Stunde gewartet...!“ -, aber die Zeit ist knapp und ich muss zum nächsten Termin …  (Rotenfluh über Schwyz, Sommer 2005)
  • Wer startet, säuft ab. Nur wer sich 150-200 Meter über unserem Startplatz befindet, kann die Aufwinde nutzen, um sich oben zu halten. Sind die früher gestartet? Oder kommen sie von einem anderen Startplatz? Auf jeden Fall wird unser Flug nur wenige Minuten dauern. Schade für die 2-stündige Autofahrt… (Engelbergtal, Frühling 2007)
  • Der Himmel ist mit Gleitschirmen bedeckt, die am gleichen Hang fliegen. Sich von diesem Hang zu entfernen, bedeutet die Landevolte einzuleiten. Ok, die Vortrittsregeln sind  allgemein bekannt, aber wie stressig sich ständig nicht um die Landschaft und Aufwinde, sondern um die Schirme der anderen Piloten zu kümmern. Nach einer halben Stunde breche ich die Übung ab und gehe landen (Hoch Ybrig, Herbst 2006)
  • Bise, Superbedingungen für den Üetliberg. Einmal, wenn man in der Luft ist, wird man grosszügig belohnt, aber am engen kniffligen Startplatz hat es noch viele Piloten… und die Startabbrüche verlängern die Wartezeit zusätzlich. Kurz vor Sonnenuntergang schaffe ich es, Zürich von oben zu sehen… (Üetliberg, Herbst 2005)
 
Neue Perspektiven: vom 2-Takt- zum neuen Elektro-Motor

Typische Probleme im Leben eines Gleitschirmspiloten. In all diesen Fällen hätte ein bisschen Schub am Rücken den fliegerischen Tag gerettet. Zwar kann die Natur uns mit schönen Überraschungen beglücken und sehr weit und sehr hoch fliegen lassen, ebenso kann sie uns aber im Stich lassen, wenn wir sie nicht verstehen oder wenn sie sich freut, uns schnell wieder am Boden zu haben. Wenn alles gut klappt, gibt es nichts schöneres, als mit der Einfachheit eines Schirmes oder eines Deltas und mit den Kräften der Natur spielen zu können. Wenn das aber nicht geht, was spricht dagegen, anstatt zu verzichten, in die Luft zu kommen oder nach einem kurzen Flug den Schirm oder Delta frustriert zu packen, ein bisschen Technologie um Hilfe zu bitten?

Diese Technologie gäbe es schon seit Jahren: nämlich die Paramotoren und die Minimum (=Delta mit dem Motor). Diese werden aber scheinbar nur von einer Minderheit der Piloten als eine sinnvolle Erweiterung des motorlosen Fliegens betrachtet. Ich habe in den letzten Monaten mit vielen Piloten gesprochen und häufig eine negative Einstellung gegen den Paramotor gespürt. Wenn aber vom elektroSchirm die Rede ist, dann ändert sich fast immer der Gesichtsausdruck. Die Widerstände verschwinden und die volle Aufmerksamkeit ist da. Elektro-Motoren werden als ökologische und besonders leise Geräte wahrgenommen: Eigenschaften, mit denen sich Gleitschirm- und Deltapiloten gut identifizieren können. Sind sie vielleicht eine neue - für die Piloten und für die Politik - akzeptable Alternative, um die Aufwinde zu erreichen, wenn diese für unsere motorlosen Flügel zu weit entfernt sind? Sind sie vielleicht die am eigenen Rücken mitgetragenen Windeschlepper der Zukunft?
 
Die elektroSchirme sind um die Ecke…

Warum sprechen wir erst heute über den elektroSchirm? Immerhin fand der erste Flug mit diesem Gerät bereits im Jahr 2001 statt. Dieser wurde vom deutschen Pilot Richard Krüger-Sprengle, Besitzer der Propeller-Firma „Helix“, durchgeführt. Der Flug dauerte aber nur 3.5 Minuten. Das heisst, genügend lange, um zu zeigen, dass man mit Elektrostrom fliegen kann, aber zu wenig lange, um wirklich das Interesse der Piloten zu wecken.

Seit damals sind 6 Jahre vergangen und es haben grosse technische Fortschritte stattgefunden. Einerseits haben sich die Leistung und Laufzeit der Batterien erheblich verbessert: konnte man mit einem Blei-Säure-Akku von rund 8 Kg weniger als 2 Minuten fliegen, ermöglichen die Nickel-Metal-Hybriden-Batterien mit dem gleichen Gewicht und unter Volllast eine Batterie-Laufzeit von fast 4 Minuten. Noch interessanter wird es mit der neuen Generation der Lithium-Polymeren-Batterien, welche mit 8 Kg eine Leistung von 12 Minuten unter Volllast erbringen. Dass die Batterien eine entscheidende Rolle bezüglich Laufzeit, Kraft und Leistung des Fluggerätes spielen, liegt auf der Hand. Andererseits kann die Wichtigkeit des Wirkungsgrades des Motors für die zu erbringende Leistung nicht unterschätzt werden, nämlich wie gut und möglichst verlustfrei unter bestimmte Benutzungsbedingungen Energie in Bewegung umgesetzt wird, auch diesbezüglich fanden Fortschritte statt.

Weltweit gibt es Firmen, Gruppen, Einzelpersonen sowie universitäre Forschungsgruppen, welche sich mit dem Thema Elektro-Motor, elektroSchirm und elektroDelta beschäftigen und die erhebliche Mittel in die Entwicklung dieser Geräte investieren. Unter anderem wurden zwei besonders interessante elektroSchirm-Modelle vorgestellt, die zeigen, wie fortgeschritten die aktuelle Entwicklung ist: der eine gehört zum Team des 60-jährigen deutschen Ingenieurs Werner Eck, der sich seit längerer Zeit mit diesem Thema beschäftigt. Sein elektroSchirm basiert auf Lithium-Ion-Batterien, wiegt 18.5 Kg und hat eine Batterielaufzeit von etwa 10 Minuten. Damit ist es möglich, mit Steigraten von 1.2-2 m/s mehr als 600 Meter in die Luft zu steigen, um dann den Flug mit den natürlichen Kräften der Natur fortzusetzen.

Das Gerät vom Team rund um den kanadischen Piloten Csaba Lemak basiert dagegen auf den neuen Lithium-Polymeren-Batterien. Sein Fluggerät wiegt rund 22 Kg und hat eine Laufzeit von rund 35 Minuten. Lithium-Polymeren-Batterien sind aber teuerer als Lithium-Ion-Batterien, was sich im höheren Preis des Gerätes widerspiegelt.
 

Alle elektroSchirme, die bis heute in der Luft waren, sind Prototypen, d.h. nur für wenige Privilegierte zugänglich. Voraussichtlich wird sich im Jahr 2008 die Situation ändern. Interessierte Piloten werden die Möglichkeit bekommen, solche Geräte zu kaufen. Die bekannte deutsche Firma für Paramotoren „Fresh Breeze“ erwartet diese im zweiten Halbjahr 2008, die neu im März 2007 zu diesem Zweck gegründete Firma Yuneec International mit Sitz in Shanghai (China) spricht von März 2008. Es ist also nur eine Frage der Zeit,  bevor die ersten industriell produzierten Serien-Elektro-Motoren für Gleitschirme und Delta in den Lüften der Welt, vorerst jedoch nicht in jenen der Schweiz zu sehen sein werden…
 
Die elektroSchirme: Fakten und Zahlen

In den letzten Monaten habe ich mit verschiedenen Herstellern und Entwicklern von elektroSchirmen Kontakt aufgenommen, um zu erfahren, wie weit die technischen Fortschritte sind und was man von den neuen Geräten erwarten kann, welche voraussichtlich im Jahr 2008 industriell produziert werden:

  • Zwischen 10 und 40 Minuten wird die geleistete Laufzeit der ersten industriell produzierten elektroSchirme betragen. Entscheidend für die Laufzeit ist u.a. die Art und die Grösse des verwendeten Stromspeichers bzw. der erreichte Wirkungsgrad des Gerätes. Ebenso entscheidend für die geleistete Laufzeit der Fluggeräte sind aber noch andere Aspekte, wie z.B., wie geschickt man während dem Flug mit der verfügbaren Energie umgeht, das Gewicht des Piloten sowie welcher Schirm zum Einsatz kommt.
  • Die elektroSchirmen wiegen zwischen 18 und 34 Kg. Dieses Gewicht ist für Gleitschirmpiloten beim Starten und Landen gewöhnungsbedürftig. Während dem Flug  spürt man das Gewicht kaum.
  • Die elektroSchirmen leisten einen Schub von 40 bis über 50 Kg und ermöglichen Steigwerte von etwa 1.2 bis 2 Metern pro Sekunde. Bereits mit einer Leistung von rund 10 Minuten kann der Pilot mit dem elektroSchirm eine Höhe von 600-800 Metern über Boden erreichen … und um die Aufwinde zu nutzen, reicht das in den meisten Fällen vollkommen aus.
  • elektroSchirme produzieren ganz wenige Vibrationen; daher ist der Elektromotor weitgehend wartungsfrei und die Kosten für die Instandhaltung entsprechend tief.
  • Eine Batterie kann 1'000 Mal aufgeladen werden, ohne dass sie spürbar an Leistung verliert. Bei 200 Flügen pro Jahr kann die gleiche Batterie ca. 5 Jahre benutzt werden.
  • Wenn die Batterie aufgeladen wurde, kann sie im Keller wochen-, sogar monatelang deponiert werden. Während dieser Zeit verliert sie kaum an Energie und kann danach problemlos für einen Flug eingesetzt werden.
  • Die Batterien werden innerhalb einer Stunde (+/- 20 Minuten) komplett aufgeladen.
  • Sicherheitsschaltungen verhindern, dass die Batterie überhitzt oder während dem Aufladen bzw. während dem Flug beschädigt wird.
  • Der benötigte Strom pro Flug kostet lediglich zwischen SFr. 1.-- und SFr. 2.--. Mit geringeren Kosten ist ein motorisierter Flug kaum möglich.
  • Die umweltfreundliche Herstellung und Entsorgung der Batterien sind gesetzlich geregelt.
  • Wenn man gelandet ist, kann man die entladene Batterie mit einer geladenen ersetzen und einen weiteren Flug geniessen. Zwar sind die Batterien noch teuer, dies wird sich aber in Zukunft ändern…
  • Über den Preis der Geräte weiss man noch wenig, entscheidend wird die Preisentwicklung bei den Batterien sein. Realistisch sind zurzeit - je nach verwendeter Technologie - Preise zwischen SFr. 6'000. -- und SFr. 10'000.--.
 
Die Zukunft der Elektro-Motoren

Denken wir an die Hybridmodelle der Autoindustrie… die Welt ist hungrig nach leistungsstärkeren, zuverlässigeren Batterien, welche eine höhere Laufzeit aufweisen. Von dieser Entwicklung werden die Elektro-Motoren stark profitieren. Die Experten sind sich einig, dass aufgrund dieser Entwicklung die Preise der Batterien sinken werden. Entsprechend werden die Elektro-Motoren mit der Zeit preiswerter sein.

Was die weitere Entwicklung betrifft, sind die Experten mit Vorhersagen eher zurückhaltend. Wenn man ihre Aussagen zwischen den Zeilen interpretiert, erkennt man in den nächsten Jahren zwei mögliche Entwicklungen.

  • Einerseits wird man vermutlich versuchen, leichtere Fluggeräte mit einer begrenzten Laufzeit und mit tieferen Kosten zu bauen. Mit diesen Geräten wird es möglich sein, die Höhe der nutzbaren Aufwinde zu erreichen. Besonders Thermikpiloten, die vor allem mit den Kräften der Natur auf Strecke gehen möchten und den Motor fast während dem ganzen Flug ausgeschaltet haben, werden diese Modelle zu schätzen wissen.
  • Andererseits werden sehr wahrscheinlich Geräte mit einer höheren Laufzeit entwickelt, mit denen man in der ruhigen Luft - z.B. über eine Inversion - auf Strecke gehen kann. Diese Fluggeräte werden vermutlich ein bisschen schwerer sein und sie werden eher von Piloten benutzt, die länger mit eingeschaltetem Motor fliegen möchten, ohne gegen die Turbulenzen der Thermiken kämpfen zu müssen.
 
Elektroschirmen und Elektrodelta: wozu sind sie gut?

Mit den Elektro-Motoren kann man vom Landeplatz oder auf einem Feld im Flachland starten. Somit erübrigt sich die Fahrt mit dem Auto oder mit der Bahn bis zum Bergstartplatz. Das kann recht nützlich sein,

  • wenn sich schon viele Leute am Startplatz befinden,
  • wenn am Startplatz Abwind herrscht,
  • wenn die Basis (Wolken oder Hochnebel) unter dem Startplatz liegt,
  • wenn die Strassen in den Bergen im Winter mit Schnee bedeckt sind,
  • wenn die Warteschlange vor der Bahn lang oder
  • wenn die Bahn geschlossen ist.

Mit dem Elektro-Motor erweitern sich die Möglichkeiten der Piloten erheblich. Dazu nur eine kleine Auswahl:

  • Man kann auch im Flachland starten und fliegen. Mehrstündige Reisen bis zum Startplatz auf einem geeigneten Berg und zurück sind nicht mehr zwingend notwendig. Piloten fahren jedes Jahr viele Kilometer mit dem Auto oder mit dem Motorrad, um zu fliegen. Wenn das nicht mehr notwendig ist, ist das gut für die eigenen Finanzen und für die Umwelt.
  • Man kann z.B. im Sommer am Abend noch einen gemütlichen Flug vor dem Abendessen geniessen, da man wenige Minuten von der eigenen Wohnung entfernt von einer bewilligten und zu diesem Zweck geeigneten Wiese starten kann.
  • Da man mit dem Auto nicht mehr in die Berge bis zum Startplatz fahren muss, stellt sich auch nicht mehr die Frage, wie man dieses nach dem Flug wieder abholt, falls die Toplandung misslingt.
  • Man kann an Hängen „soaren“, welche normalerweise für motorlose Fluggeräte unerreichbar sind, vorausgesetzt man vermeidet Naturschutzgebiete.
  • Man kann experimentieren, z.B. überprüfen, ob sich an einem bestimmten Ort brauchbare Thermiken entwickeln und dies auch, wenn man im Fall eines Misserfolges keinen Plan B zur Verfügung hat. Findet man keine Thermik, gibt man Gas und mit dem Elektro-Motor erreicht man wieder eine sichere Höhe, um das Experiment zu wiederholen oder zu landen.
  • „Absaufen“ mit dem Gleitschirm oder mit dem Delta wird kein Grund mehr sein, um frustriert den Tag zu beenden. Der Elektro-Motor hat Platz im Auto. Man nimmt ihn raus, baut ihn zusammen (Dauer: 15 Minuten) und versucht erneut die Thermiken zu erreichen. Und wenn man wieder "absauft", ersetzt man die leere mit einer geladenen Batterie. Der fliegerische Tag geht weiter.
  • Die freien Lufträume in der Schweiz werden immer enger. An manchen Orten ist es schwierig auf Strecke zu gehen, da sich unterwegs einer oder mehrere kontrollierte Lufträume befinden. Der Elektro-Motor bietet zukünftig die Möglichkeit, solche Hindernisse von unten oder von der Seite zu umfliegen und so entferntere Ziele zu erreichen. Um zurück zu fliegen, sucht man sich eine „Beiz“, lädt die Batterie wieder auf, trinkt inzwischen etwas und startet anschliessend noch einmal…
  • Geht man in die Ferien? Fast überall auf der Welt kann man mit dem (Elektro)Paramotor fliegen. Es ist nicht notwendig nach bergigen Startplätzen zu suchen. Man muss nur die Gesetzgebung und die Luftraumstruktur (!) des Gastlandes kennen und wenn alles in Ordnung ist, kann man den Ferienaufenthaltsort von oben geniessen. Im Hotel lädt man die Batterie für den nächsten Tag auf.

Auch für motorlose Piloten könnte die Zulassung der elektro-motorisierten Fluggeräte interessant sein: Elektro-Motor-Piloten starten von unten und haben mehr Entscheidungsfreiheit vor welchem Hang sie „soaren“ möchten. Das heisst: weniger überfüllte Bergstartplätze und „Soaringhänge“, welche den motorlosen Piloten zur Verfügung stehen.

Für die Familien stellt die Zulassung des elektro-Fliegens ebenso ein Vorteil dar, wie die Erfahrung mit den so genannten Flying-Ranch im Ausland zeigt. Die mit Camping, Restaurant, Spielplatz und/oder Grill ausgestatteten Start-/Landeplätze werden Treffpunkte für die Familie, Freunde und Angehörigen und werten das fliegerische Erlebnis auf. Für manche Bauer würde dazu die Gelegenheit bestehen, das eigene Land zur Verfügung zu stellen, um dabei noch etwas zu verdienen.

 
Regeln für das Zusammenleben

Der Elektromotor bietet viele Vorteile,  aber wie steht es mit den Nachteilen? Zum Beispiel wie gross ist das Risiko, dass es zwischen motorlosen und elektro-motorisierten Piloten zu Konflikten kommt?

Schon heute teilen sich ohne bemerkenswerte Schwierigkeiten und wo möglich Delta und Gleitschirmpiloten die Start- und Landeplätze. Elektro-Motor-Piloten sind ebenfalls Delta und/oder Gleitschirmpiloten mit einer Zusatzausbildung, welche gelegentlich (oder regelmässig) den Motor benützen werden, um in die Luft zu kommen. Sie sind schon aus diesem Grund wenig interessiert, mit den eigenen Freunden und Kameraden Probleme zu haben. Zudem werden die Clubs und Eigentümer entscheiden können, ob Elektro-Motoren auf den jeweiligen Landeplätzen zugelassen sind oder nicht. Falls nicht, werden Elektro-Motor-Piloten aufgrund ihrer höheren Flexibilität die Möglichkeit haben, andere Wiesen als Startplatz auszusuchen, wo sie willkommen sind. Das Risiko von Konflikten ist demnach beschränkt und kann mit ein bisschen gutem Willen und Intelligenz vermieden werden.

Vielleicht befürchten motorlose Piloten, vermehrt elektro-motorisierte Gleitschirme und Delta zu kreuzen, welche Turbolenzen verursachen. Auch in diesem Fall darf man nicht vergessen, dass die Elektro-Motor-Piloten einerseits daran interessiert sind, den Motor auszuschalten, sobald sie sich im Aufwind befinden, um Strom zu sparen und andererseits die Möglichkeit haben, anderen Piloten grosszügig auszuweichen, ohne Höhe zu verlieren, da sie ihren eigenen Schub mittragen. Erfahrungen im Ausland (z.B. Italien, Deutschland) zeigen, dass es keine bemerkenswerten Probleme gibt, wenn sich Paramotoren und Gleitschirme denselben Luftraum teilen.

 
Rechtliche Situation in der Schweiz

Die elektroSchirme können zwar voraussichtlich ab 2008 gekauft werden, sind aber in der Schweiz nicht zugelassen, denn elektroSchirmen als motorisierte Fluggeräte gehören zur Familie der Ultralight. Das Parlament entschied 1984 unter Bundesrat Schlumpf die Ultralight in der Schweiz zu verbieten, um die Bevölkerung vor zusätzlicher Larmbelästigung zu schützen. 2002 wurde das Bundesverordnungsrecht zu diesem Thema teilweise angepasst und eine neue Kategorie wurde eingeführt, jene der Ecolight. Dabei handelt es sich um dreiachsgesteuerte Ultralight, die besonders umweltfreundliche Eigenschaften aufweisen und wenig Lärm generieren. Diese positive Entwicklung hat aber für die Paramotoren und heute für die elektroSchirme keinen direkten Einfluss, dies unter anderem wegen Artikel 2b der Luftfahrtverordnung, welcher besagt, dass in der Schweiz nur bemannte Flugzeuge mit einer minimalen Flächenbelastung von 20 kg/m2 fliegen dürfen. Elektro-motorisierte Gleitschirme und Delta sind gesetzlich betrachtet bemannte Flugzeuge und sie werden im Gegensatz zu den Ecolights nie die oben erwähnte minimale Flächenbelastung erreichen. 2005 wurde eine Petition gegen Artikel 2b lanciert, für die man 11'000 Unterschriften sammeln konnte. Die Petition wurde von Bundesrat Leuenberger abgelehnt. Es ist anzunehmen, dass der Artikel 2b in den nächsten Jahren nicht abgeschafft wird.

Der Artikel 2b beabsichtigt, die Bevölkerung vor neuen Lärmquellen und die Umwelt vor neuen schädlichen Einflüssen zu schützen. Elektromotoren sind aber ökologische Geräte – wie die Gleitschirme und die Delta – und sie generieren nur ein angenehmes Geräusch, welches schon in kurzer Distanz nicht mehr hörbar ist. Es stellt sich somit die gerechtfertigte Frage, ob für die elektro-motorisierten Hängegleiter eine neue Kategorie oder eine Sonderkategorie geschaffen werden kann, in welcher der Artikel 2b keine Anwendung findet. Dies wiederum nicht nur um den Piloten die Möglichkeit zu geben, umweltschonend und ohne weite Strecken fahren zu müssen, um in die Luft zu kommen, sondern auch aus wirtschaftlichen Überlegungen, die im nächsten Abschnitt erläutert werden.
 
Wirtschaftliche Aspekte

Die Zulassung der elektroSchirme und der elektroDelta wäre eine Investition in die Zukunft und dies auf verschiedene Ebenen.

Für die Industrie
Firmen in der Schweiz können sich mit der Entwicklung von modernen und innovativen Technologien für die elektro-motorisierten Hängegleiter profilieren und in Zukunft diese Geräte auch im Ausland verkaufen, wenn sie zu den 2-Takt-Motoren konkurrenzfähig werden. Da in der Schweiz Paramotoren verboten sind, konkurrieren sie die Weiterentwicklung der elektro-motorisierten Hängeleiter nicht. Diese günstige Ausgangslage stellt neue wirtschaftliche Möglichkeiten und wahrscheinlich die Chance für neue Arbeitsplätze dar.

Für die Flugschulen
Wahrscheinlich möchten viele Personen fliegen lernen, aber sie wissen schon jetzt, dass sie kaum Zeit haben werden, jedes Mal einen Tag zu opfern, um diesem Hobby nach dem Brevet nachzugehen. Mit den Elektro-Motoren, da man damit schneller in die Luft kommt, besteht die Möglichkeit auch diese potentiellen neuen Piloten anzusprechen. Der Kreis der potentiellen Kunden für die Flugschulen und für die Clubs erweitert sich.

Nur Hängegleiter-Piloten können elektro-motorisierte Hängegleiterpiloten werden, d.h. Leute ohne jegliche Lizenz müssen zuerst die Ausbildung als Gleitschirm- oder Deltapiloten absolvieren und können erst anschliessend die Zusatzausbildung für den Elektromotor beginnen. Für die Flugschulen, auch jene, welche keine Elektro-Motor-Ausbildung anbieten, besteht auf diesem Weg die Möglichkeit neue Schüler/innen zu akquirieren. Es liegt auf der Hand, dass sich für die Flugschulen, die bereit sind, den elektroSchirm oder den elektroDelta zu schulen, neue spannende Perspektiven eröffnen.

Für den Tourismus
Zwar nicht bereits in den nächsten paar Jahren, aber schon bald könnte es geschehen, dass zukünftig Elektro-Tandems als innovative und ökologische Freizeitbeschäftigung dem Schweizer Tourismus einen originellen Impuls geben. Tandemfirmen, die schon in ihrem Gebiet aktiv sind, könnten neue Strecken anbieten  und so das Zielpublikum anlocken. Da die Fahrt auf den Berg entfällt, könnten mehrere Kunden bedient werden. Tandempiloten könnten zudem ihre Dienstleistungen mit Einverständnis der jeweiligen Gemeinde auch im Flachland anbieten.

Aber auch für einzelne Piloten eröffnen sich neue Möglichkeiten: elektroSchirm-Piloten könnten an Anlässe (Euro 08, Street Parade, Dorffeste…) eingeladen werden, um das Publikum von oben über dem See zu unterhalten (z.B. mit Akro-Figuren) oder um den Anlass zu überwachen, insofern sie immer über eine sichere Landungsmöglichkeit verfügen, die frei von Menschen ist.

Dies sind nur einige Beispiele um zu zeigen, dass sich mit dem elektroSchirm und mit dem elektroDelta viele neue kaum denkbare Möglichkeiten eröffnen, welche aber ohne Zulassung nicht realisiert werden können.
 
Nachwuchsförderung der Deltapiloten
Es ist bekannt, dass die Deltaszene unter der stagnierenden Anzahl an neuen Mitgliedern leidet. Mit dem Delta zu fliegen, ist wegen der erhöhten Geschwindigkeit und Leistung faszinierend, aber der Aufwand vor dem Flug erschreckt viele Piloten, die sich doch am Ende für den Gleitschirm entscheiden. Fakt ist, dass sich Elektro-Motoren und Delta ideal kombinieren. Der Aufwand, das Fluggerät an den Bergstartplatz zu bringen, entfällt. Mit dem Delta wird das Potential des Elektro-Motors optimal genutzt, da der Widerstand kleiner und die Geschwindigkeit grösser ist. Die Zulassung des Elektro-Motors könnte der Deltaszene mittel- bis langfristig neuen Schwung bringen und zu einer Erhöhnung der Mitgliederzahl führen.
 
Förderung der Zulassung in der Schweiz? Die Umfrage…

Elektro-motorisierte Hängegleiter sind ökologisch, produzieren ein angenehmes Geräusch,  das man in kurzem Abstand nicht mehr hört, sie eröffnen neue wirtschaftliche Perspektiven und erweitern die fliegerischen Möglichkeiten der Piloten. Aber sie sind verboten und werden es bleiben, wenn man nichts dagegen unternimmt.

Informelle Vorgespräche mit dem SHV haben schon stattgefunden, um zu überprüfen, ob unser Verein bereit ist, konkrete Schritte in Richtung der Zulassung der elektro-motorisierten Hängegleiter zu unternehmen. Die Bereitschaft ist grundsätzlich da, aber nur falls die Gleitschirm- und Deltapiloten wollen, dass sich der SHV dafür engagiert.

Der erste Schritt ist zu erfassen, wie die Piloten zu diesem Thema stehen. Zu diesem Zweck haben wir eine kurze internetbasierte Umfrage vorbereitet. Falls ihr möchtet, dass sich der SHV für die Zulassung des elektro-motorisierten Fliegens mit den Hängegleitern engagiert, könnt ihr unter der Webadresse www.feelok.ch/elektro eure eigene Meinung zu diesem Thema  einbringen. Auch die Gegner werden gebeten, an dieser Umfrage teilzunehmen und ihre Bedenken und Kritik zu platzieren.

 
Fazit
Im Jahr 2008 wird man sehr wahrscheinlich in der Lage sein, die ersten elektroSchirme zu kaufen. Die ersten Modelle werden in Bezug auf ihre Leistung und Laufzeit Grenzen haben und Kinderkrankheiten können nicht ausgeschlossen werden. Aber die Entwicklung geht weiter und wer weiss, was diese Geräte in 5 oder 10 Jahren leisten werden. Es ist schwierig sich alle positiven Auswirkungen dieser Entwicklung vorzustellen, sowohl für die Piloten, wie auch für den SHV und die Wirtschaft. Werden wir dabei sein? Mehr dazu in den nächsten Ausgaben…
 

Weiterführende Website

Für weiterführende Informationen zum Thema elektroSchirm empfehlen wir die englischsprachige Website www.electricppg.com

 
Über den Autor
Oliver Padlina, Gleitschirmpilot seit 1991 und DULV-Pilot seit 2007, arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesamt für Sport und an der Universität Zürich.
 
Danke
Herzlichen Dank an alle, die mir geholfen haben, mit ihrem Fachwissen und ihrer Unterstützung diesen Artikel zu schreiben
 
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